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700 Theologen protestieren gegen CDU-Pläne zu Flüchtlingen

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Die CDU erntet mit ihrem neuen Konzept in der Flüchtlingspolitik massive Kritik von den christlichen Kirchen. Die Forderung nach einer Drittstaatenregelung, die auf dem am Montag beginnenden Parteitag der Christdemokraten im Grundsatzprogramm verankert werden soll, hat nicht nur den Protest des katholischen und evangelischen Flüchtlingsbischofs geweckt. Am frühen Morgen projizierten Unterstützer von mehr als 700 Pfarrerinnen und Pfarrern sowie Theologinnen und Theologen zudem eine Botschaft auf das Tagungshotel des Parteitags: Darin bezeichneten sie die CDU als "unchristlich" und verwiesen auf die Verpflichtung der Bibel, Vertriebene und Flüchtlinge zu schützen. Die Polizei bestätigte der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) die Projektion auf das Tagungshotel.

"Bietet Zuflucht wie ein Schatten, der in der Mittagshitze schützt wie die Nacht. Versteckt die Vertriebenen, verratet die Geflüchteten nicht! (Jesaja 16,3 #CDUnchristlich)" hieß es in der Projektion und in dem Appell, der unter anderem von dem Jesuiten Jörg Alt sowie den Theologinnen und Theologen Christina Brudereck, Stephan Anpalagan, Sarah Vecera, Quinton Caesar, Ulrich Duchrow und Birgit Mattausch unterzeichnet wurde. "Nichts ist unchristlicher als Menschen in Not zurückzulassen und sich der eigenen Verantwortung billig zu entledigen", heißt es weiter. Den Kirchenleitungen werfen die Unterzeichner vor, gegenüber den CDU-Plänen zu schweigen.

Kritik von Bischöfen

Zuvor hatten die Flüchtlingsbeauftragten der katholischen und evangelischen Kirche der CDU einen radikalen Bruch mit ihrem humanitären Erbe im Flüchtlingsschutz vorgeworfen. "Wer sich am christlichen Menschenbild orientiert, darf den individuellen Zugang zum Flüchtlingsschutz in Europa nicht abschaffen", schrieben der katholische Hamburger Erzbischof Stefan Heße und der evangelische Berliner Bischof Christian Stäblein in einem Gastbeitrag in der "Welt am Sonntag". "Gott begegnet uns in den Schutzbedürftigen dieser Welt. Deshalb verbietet es sich für uns, ihre Rechte preiszugeben." Die Forderung nach einer Drittstaatenregelung, die auf dem Parteitag der Christdemokraten im Grundsatzprogramm verankert werden soll, stehe "in einem bemerkenswerten Widerspruch zur Orientierung an christlichen Werten", heißt es in dem Text. "Mit solch einer Forderung begibt man sich ethisch wie rechtlich auf den Holzweg."

Die CDU fordert die Einführung einer Drittstaatenlösung und will ein entsprechendes Konzept in ihr neues Grundsatzprogramm aufnehmen. Jeder, der in Europa Asyl beantragt, soll in einen vermeintlich sicheren Drittstaat überführt werden und dort ein Verfahren durchlaufen. Im Fall eines positiven Ausgangs soll der Drittstaat dem Antragsteller vor Ort Schutz gewähren. Das Konzept ähnelt dem hoch umstrittenen "Ruanda-Modell", das die britische Regierung durchsetzen will. Zugleich will die CDU, dass die EU-Staaten jährlich ein Kontingent schutzbedürftiger Menschen aus dem Ausland aufnehmen; diese Flüchtlinge sollen auf die beteiligten Staaten verteilt werden.

Heße und Stäblein fordern: "Wir brauchen Lösungen, die im Einklang mit den Menschenrechten und dem Völkerrecht stehen." Das im CDU-Entwurf vorgestellte Konzept werfe hier erhebliche Zweifel auf. Deutschland und die EU würden sich aus der Verantwortung für den Schutz von Flüchtlingen verabschieden. Die Genfer Flüchtlingskonvention würde an entscheidender Stelle geschwächt. Im ARD-Morgenmagazin sagte CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann am Montag: "Ich finde, dass unser Weg christlich ist." Er sprach zudem von Humanität. Auch sei es möglich, miteinander über das Thema ins Gespräch zu kommen. (KNA)

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