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Ein kommunikatives Desaster: Kommentar zur Trainersuche des FC Bayern München

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Ob der Italiener Roberto De Zerbi von Brighton & Hove Albion Top-Kandidat auf die Nachfolge von Trainer Thomas Tuchel sei, wurde Sportvorstand Max Eberl vor dem Bundesligaspiel gegen die TSG Hoffenheim im Sky-Interview gefragt. "Ich habe zu keinem Namen irgendwo was gesagt und werde auch weiter bei meiner Linie bleiben", erwiderte Eberl und blieb dieser Linie rund vier Stunden lang treu.

Nachdem Brighton die Sommer-Trennung von De Zerbi bekanntgegeben und der FC Bayern das letzte Spiel unter Tuchel mit 2:4 gegen die TSG Hoffenheim verloren hatte, bekam Eberl vom ZDF fast die gleiche Frage gestellt wie vor dem Spiel. Man kann's ja mal probieren. Und siehe da, eine leichte Abwandlung brachte Klarheit: Ob er denn widersprechen könne, dass ein Italiener neuer Bayern-Trainer werde? Eberl sagte: "Ja."

Damit schloss er der Vollständigkeit halber übrigens nicht nur De Zerbi, sondern auch den nach seiner Entlassung bei Juventus Turin freien Massimiliano Allegri sowie den ebenfalls verfügbaren Antonio Conte aus. Es ist die nächste Wendung der immer grotesker anmutenden Trainersuche. Längst schadet sie nicht mehr nur der Zukunft des Klubs, weil für den Kader-Umbau entscheidende Zeit verfließt. Längst stellt sie auch ein kommunikatives Desaster für den FC Bayern dar.

Setzte Eberl in der Trainersuche bis dato auf Verschwiegenheit, befeuerte er nun also auch selbst die öffentlichen Debatten. Böse Zungen könnten sagen: Vielleicht, um den mächtigen Granden im Hintergrund oder der Gegenseite einfach zuvorzukommen. Bisher kamen Wasserstandsmeldungen zur Trainersuche nämlich überwiegend aus diesen Quellen - worüber sich Eberl übrigens erst kürzlich (öffentlich) beklagt hatte: "Es wird ja sehr viel begleitet, nicht nur von den Medien, sondern auch von Protagonisten selber. Ich kenne das ein bisschen anders."

© getty

FC Bayern München: Der vielstimmigste Klub der Welt?

Wohl kaum ein Klub der Welt tritt aktuell vielstimmiger auf als der FC Bayern. Ein paar Beispiele gefällig? Aufsichtsrat Uli Hoeneß bestätigte, dass Xabi Alonso der Wunschkandidat ist. Präsident Herbert Hainer sprach von "guten Gesprächen" mit Ralf Rangnick. Der Vorstandsvorsitzende Jan-Christian Dreesen schloss mehrmals die Möglichkeit auf eine Weiterbeschäftigung von Thomas Tuchel aus. Hoeneß rechnete gar öffentlich mit ihm ab - kurz bevor ihn Eberl mangels Alternativen fragte, wie es denn mit einer Weiterbeschäftigung ausschauen würde.

Dass sich so viele Klub-interne Personen bemüßigt fühlen, die Trainersuche öffentlich zu kommentieren, zeigt das strukturelle Problem des FC Bayern ganz offensichtlich. Wenn viele Personen etwas zur Trainersuche sagen können, bedeutet das nämlich auch, dass viele bei der Trainersuche tatsächlich etwas zu sagen haben.

Neben den bereits genannten Granden sind das noch Sportdirektor Christoph Freund, Aufsichtsrat Karl-Heinz Rummenigge und der von Eberl ebenfalls als Teil der "Führungscrew" benannte Finanzvorstand Michael Diederich. Die Prozesse sind langwierig und wohl auch etwas unergründlich, Nachfragen zur exakten Rolle von Hoeneß wich Eberl vor dem Hoffenheim-Spiel beispielsweise aus.

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FC Bayern: Auch die jeweilige Gegenseite befeuerte das kommunikative Desaster

Beflügelt wurde das kommunikative Desaster der vergangenen Wochen aber auch von den jeweiligen Gegenseiten. Wenig verwunderlich, handelte es sich bei den nachgewiesenen Kandidaten doch bisweilen um Trainer, die dem FC Bayern wohl gerne - wie man so schön sagt - eins auswischen wollten.

Julian Nagelsmann wurde vor eineinhalb Jahren bekanntlich ziemlich stillos entlassen. Nun ließ er über seinen Berater Volker Struth erst das Interesse des FC Bayern verlauten, ehe er beim DFB verlängerte. Österreichs Nationaltrainer Ralf Rangnick, einst erbitterter Widersacher des FC Bayern und 2019 schon einmal als Kandidat übergangen, sprach zunächst offen von Gesprächen mit dem FC Bayern, ehe er sich zum ÖFB bekannte. Tuchel verkündete bei der Spieltags-Pressekonferenz proaktiv seine Absage und verteilte dazu noch ein paar süffisante Spitzen.

Die Absage an oder von - je nachdem - De Zerbi kommunizierte Eberl nun selbst. Bereits zuvor hatte er gesagt: "Das Beste kommt zum Schluss." Kandidaten für den besten Kandidat Nummer 6 sind aktuell: Erik ten Hag, Xavi Hernandez, Zinedine Zidane, Hansi Flick, José Mourinho und Roger Schmidt, wobei der laut Bild mittlerweile auch schon abgesagt haben soll.

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