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Billionen Zikaden überschwemmen USA - Experte erklärt, wieso so viele Insekten gleichzeitig auftauchen

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Stand: 28.05.2024, 11:13 Uhr

Von: Adrian Kilb

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Milliarden Zikaden breiten sich in den USA aus - so viele wie seit 221 Jahren nicht mehr. Wie gelingt es ihnen, sich ohne zentrale Planung zu synchronisieren?

Washington D.C. - In den USA ereignet sich aktuell ein ungewöhnliches biologisches Schauspiel: Eine rätselhafte Plage hat begonnen, die so nur alle 221 Jahre passiert. Abermilliarden von Zikaden schwirren zurzeit in Amerika durch die Wälder und Vorstadtgärten und breiten sich Richtung Norden und hin zur Ostküste aus. Spätestens im Juni dürfte es auch in Illinois im Norden der USA richtig losgehen. Einige von ihnen könnten sogar zu „fliegenden Salzstreuern des Todes" werden.

Jahrelang haben sie eingegraben unter der Erde gelebt, jetzt, wo sich diese erwärmt hat, kommen die Insekten zu Scharen nachts aus dem Boden geklettert. Dieses Jahr sind es besonders viele Tiere. Es kommen sowohl jene Zikaden aus der Erde, die sich nur alle 17 Jahre zeigen, auch als jene mit einem 13-Jahres-Rhythmus. Die Tiere synchronisieren dabei ihr Vorgehen, sie stimmen sich aufeinander ab, wann sie gemeinsam auf dem Boden kommen und einen Höllenkrach veranstalten.

Periodisches Auftreten von Zykaden Beispiel für synchronisiertes Verhalten

Den Lärm verursachen vor allem die männlichen Insekten, die mit ohrenbetäubendem Zirpen versuchen, eine Partnerin für die Fortpflanzung anzulocken. „Periodische Zikaden leben jahrelang unter der Erde, bevor sie gemeinsam auftauchen, um sich kurz zu paaren und zu sterben", zitiert Northwestern News den Physik-Doktoranden Jorin Graham am Weinberg College of Arts and Sciences. Weibliche Zikaden leben bis zu sechs Wochen nach dem Schlüpfen. Wenn die Männchen mit ihrer lautstarken Werbung Erfolg haben und die weiblichen Tiere befruchtet sind, schlitzen letztere junge Baumzweige auf und legen ihre Eier dort hinein.

Alle paar Jahre kommt es in den USA zu einem biologischen Schauspiel: Milliarden Zikaden kriechen aus der Erde. © Carolyn Kaster/AP/dpa

Die erwachsenen Zikaden sterben bald nach ihrem ersten und letzten Akt der Fortpflanzung. Nach mehreren Wochen schlüpfen die Nymphen, die sich dann in den Boden fallen lassen und dort jahrelang eingraben. Dieses seltsame Verhalten, bei dem Milliarden von Zikaden ihr Verhalten koordinieren, sei ein Beispiel für synchronisiertes Verhalten. Das werde in der Regel ohne zentrale Planung erreicht.

Wie synchronisieren Zikaden ihr Verhalten? Experte klärt auf

Wie koordinieren periodisch auftretende Zikaden genau ihr gemeinsames Auftauchen? Jede einzelne Zikade weiß nur, wann sie an die Oberfläche kommen muss, weil sie laut Wissenschaftlern die wechselnden Saftzyklen eines Ahorn- und Eichenbaumes verfolgt, von dem sie sich ernährt, schreibt theatlantic.com.

Zikaden, die im gleichen Jahr geboren werden, schlüpfen mit dem Rest ihrer Brut 13 oder 17 Jahre später. Einige wenige Zikaden schlüpfen zu früh oder zu spät. Wenn sich diese periodischen Zikaden fortpflanzen, würden ihre Nachkommen ebenfalls außerhalb des Zyklus auftauchen. Fressfeinde wie Eichhörnchen und Vögel würden aber die Synchronisation wiederherstellen, indem sie die sogenannten Zikaden schnell verzehren, sagt Experte Graham.

Letztmals 1803 so viele Zykaden in den USA

Tauchen die Zikaden dann aber wie aktuell in Scharen auf, werden die Fressfeinde übersättigt. Es bleiben immer ausreichend Zikaden übrig, die nicht gefressen werden. Dadurch sichern sie die Erhaltung ihrer Art, erklärt das Labor Journal. In normalen Jahren kommen so viele Zikaden heraus, dass die Raubtiere nicht alle fressen können. So können sich die verbleibenden Zikaden fortpflanzen und den Keim für das nächste koordinierte Auftauchen legen.

Die aktuelle Kombination aus den Zikaden, die alle 17 Jahre aus der Erde kommen und denen mit einem 13-Jahres-Rhythmus, hat es laut Insektenforschern zuletzt im Jahr 1803 gegeben. Damals regierte in den USA noch Thomas Jefferson als Präsident. „Niemand, der heute am Leben ist, wird das nochmal erleben", erklärt der Entomologe Floyd Shockley vom Smithsonian Naturkundemuseum in Washington der Deutschen Presse-Agentur.

Eine Zikade der Brut XIII wartet darauf, dass ihre Flügel und ihr neues Exoskelett trocknen und aushärten, nachdem sie 2007 auf einen Baum in einem Vorgarten in Homewood geklettert ist und sich gehäutet hat. © E. Jason Wambsgans/Imago

Forscher rechnen mit Billionen Zikaden in den Waldgebieten der USA

Experte Shockley geht davon aus, dass in den 17 betroffenen US-Bundesstaaten von April bis Juni über eine Billion Zikaden schlüpfen dürften, also mehr als 1000 Milliarden. „Es dürften auf jeden Fall mehr als eine Billion werden, vielleicht mehrere Billionen." Auch Forscher der Universität von Connecticut gehen für dieses Jahr von mehreren Billionen Zikaden aus.

Die Insekten werden sich vor allem in Waldgebieten niederlassen, eher weniger auf landwirtschaftlichen Flächen oder in städtischen Grünanlagen. Wenn man von etwa einer Billion Zikaden ausgehe und die jeweils zwei bis drei Zentimeter langen Insekten aneinander ketten würde, ergäbe sich eine schier endlose Kette. „Sie würde mehrere Male zum Mond und zurück reichen", schätzt Shockley. (ak/dpa)

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