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Tourauftakt in Deutschland: AC/DC halten in Gelsenkirchen die Zeit an

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Tourauftakt in Deutschland AC/DC halten in Gelsenkirchen die Zeit an

Gelsenkirchen · 54.000 Fans in der ausverkauften Arena auf Schalke haben am Freitagabend ihre australischen Hardrock-Helden von AC/DC gefeiert. Wie die Band um Gitarrist Angus Young und Sänger Brian Johnson die Arena rockte, welche Lieder sie spielte - und auf welche Showelemente sie verzichtete.

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So war das erste Konzert von AC/DC in Gelsenkirchen

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Foto: AP/Martin Meissner

Kappe weg, Hörner auf, Feuer an - „Highway to hell". So einfach kann Rock 'n' Roll sein. Es ist Freitagabend, gegen 22 Uhr in der Arena auf Schalke, als Angus Young den ersten Akkord seines größten Hits anschlägt, und die Masse in der Arena auf Schalke im Takt wogt, springt, mindestens aber wippt AC/DC, das Monument der Rockmusik, ist zurück, war nie so richtig weg. Es ist noch da, und das ist gut so. An diesem Freitagabend, dem Auftakt zur „Power up"-Tour zum 2020 erschienenen jüngsten Album, das so klingt wie jedes andere der Band auch, wird binnen zweieinhalb Stunden klar: Die Zeit geht an AC/DC nicht spurlos vorbei. Aber die Band kann sie zumindest ein bisschen anhalten.

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54.000 Fans sind es in der laut Veranstalter ausverkauften Arena. Während draußen Pfandsammler die besseren Geschäfte machen als Ticketverkäufer, feiern die Menschen drinnen die Band, die seit Jahrzehnten mit dem Minimalismus der Rockmusik Stadien füllt. AC/DC sind der kleinste gemeinsame Nenner, auf den sich irgendwie alle verständigen können. Im Publikum sind altgediente Rocker mit stattlichem Bierbauch in Lederkutte neben dem vom Sektchen angeheiterten Junggesellinnenabschied mit blinkenden Teufelshörnchen. Feierabend-Rechtsanwälte, mit ein bisschen zu akkurat zerfetzten Designer-Jeans führen die Gattin aus, dazu stolze Väter, die ihren Söhnen mit dickem Gehörschutz am Kopf gewiss etwas Gutes tun. Kita-Erzieherinnen mit Sitzkissen, Frauen in etwas zu knappen Jeans und zu hohen Stiefeln neben gestählten Wacken-Veteranen in Metal-Kutte. An der Theke gibts Bier wie Weißwein. Rock 'n' Roll und Feierabend-Unterhaltung. Selten ist ein Publikum so heterogen durchmischt. Von allen was dabei, und für alle was dabei.

Sie erleben einen Angus Young, der zur grünen Schuluniform seine schlohweiße Matte unter der Mütze offen trägt. Warum auch färben? Einen Brian Johnson, dessen Stimme über Jahrzehnte gelitten hat und anfangs des Abends so heiser klingt wie rostige Ketten, die aneinander rasseln, aber dann doch zueinanderfinden. Spätestens ab „Sin City" ist Johnsons beinahe räudiger Schlund besser geölt. Angus' wildes Gitarrenspiel ist unverkennbar, seine schnellen Soli sind noch immer über jeden Zweifel erhaben. Bei beiden Frontleuten schlägt gewiss das Alter zu, die Wege auf der Bühne sind kürzer, man läuft etwas weniger, springt nicht mehr ganz so hoch, auch die Bühnen-Architektur berücksichtigt das: Der Gang ins Publikum ist kürzer geworden. Man kann ja Meter sparen, Knochen schonen.

Die neue Rhythmus-Sektion ist akkurat wie ein frisch gestutzter Rasen. Stevie Young, Neffe des verstorbenen Malcolm, prügelt die harte Rhythmus-Gitarre wie sein Onkel, das einstige Herz der Band. Schlagzeuger Matt Laug, der Phil Rudd ersetzt, und Bassist Chris Chaney, der für Cliff Williams einspringt, leisten die gewohnt solide Grundarbeit. Alle sind erst wenige Jahre oder gar ganz neu bei AC/DC, sie alle, auch Johnson, sind ersetzbar. Nur einer nicht: Angus.

Der 1,57 Meter kleine Derwisch ist der wohl einzige Rockstar weltweit, der nur mit seiner Gitarre ein ganzes Stadion befehligen kann, einen Dialog zwischen schreienden Solo-Licks und grölender Menge aufbaut. Bei „Let there be Rock" nimmt er sich ein minutenlanges Solo, wirft sich auf den Rücken, dreht sich im Kreis, schmeißt sich umher, als wäre er noch immer 34, nicht 69.

Die Show ist dezent: Die ersten Feuerbälle werden nach zwei Stunden verheizt bei „Highway to Hell". Ansagen gibt es kaum. Wenn früher bei „Rock 'n' Roll Train" eine riesige Lok in die Bühne krachte oder eine zig Meter hohe Gummipuppe sich zu „Whole Lotta Rosie" über die Bühne räkelte, reicht solcher Klimbim heute digital auf den riesigen Leinwänden. Johnson hängt sich zu „Hells Bells" nicht mehr an die Glocke. Aber als nach fast zweieinhalb Stunden zum Finale zum üblichen „For those about to Rock (we Salute you)" stattliche Kanonen auf die Verstärkertürme gerollt werden, da bringen Donnerschläge die Arena zum Beben, es regnet Konfetti, und Feuerwerk zündet.

Mag die Zeit da draußen noch so garstig geworden sein, in der Arena, bei AC/DC steht sie still. Hier ist doch alles gut. Bizarr, dass einen dies ein alter, drahtiger, kleiner Mann mit wehendem weißen Haar in Schuluniform lehren kann. Angus zelebriert noch immer den Duckwalk, zieht aber nicht mehr blank. Die Band hat ein feines Gespür fürs Altern und was noch geht. So hat dieser Abend etwas von einem großen Wiedersehen. Und einem Mach's gut, danke für alles.

Es gibt gealterte Rock-Helden früherer Jahre, die am Ende ihres Schaffens versuchen, die Uhr anzuhalten, um Zeit zu sparen und dabei Mitleid auslösen. AC/DC aber schaffen es, für zweieinhalb Stunden die Zeit anzuhalten.

Am Dienstag, 21. Mai, spielen AC/DC ihr zweites Konzert in der Arena auf Schalke. Laut Veranstalter ist nicht ausgeschlossen, dass dafür auch noch einmal Tickets in den Verkauf kommen.

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